Jahrmarkt des Berliner Weinbundes

IMG_0424

Eingang zum Paradies

Am letzten Sonntag hätte man die Türen des Magazins der ehemaligen Heeresbäckerei einfach für ein Experiment hinter den Besuchern schließen können: Wie entwickelt sich die Spezies Mensch in einer Welt, in der Brot und Wein im Überfluss herrschen? Die kleine Menschheit in den alten Fabrikhallen würde sich langsam von Stand zu Stand bewegen, hier portugiesische, dort griechische Weine probieren. Zwischen den Weinen würde sie französische Süßigkeiten oder indischen Pfeffer verkosten. An jedem Morgen würden die Menschen in den verschlossenen Hallen zum Schlachter gehen und mit ihm über die negativen Folgen von Treibjagd auf Wildwurst sprechen. Bei einem Craft Beer würden sie sich wundern, warum es nur noch Bäuche, aber keine Kriege mehr gibt. Sie würden sich sammeln und der kleinen Frau mit portugiesischem Akzent lauschen, die von den Seitenarmen des Douro und den vergessenen Rebsorten erzählt. Alle wären für immer satt und glücklich. Umgeben nur von den besten Zutaten würde die kleine Menschheit einer glorreichen Zukunft entgegen schreiten; nur draußen würde die Welt in Flammen aufgehen.

Wäre aber ein Künstler unter ihnen, wie würde er dann das Paradies malen? Als ein Land der Entbehrung? Oder als eine Insel, auf der immer noch mehr Würste und Weine glänzen? Oder gar als Jahrmarkt des Weinbundes?

Schade, dass sich die Türen des vom Berliner Weinbundes veranstalteten Jahrmarktes immer nur einmal im Jahr öffnen. Am Sonntag war es endlich soweit. Zehn „namhafte Berliner Weinhändler“ stellten unter dem Thema „Verborgene Schätze der Weinwelt“ etwa 250 internationale Weine vor, die durch „Feine Kost und Lebensart“ begleitet wurden. Der Zusammensetzung des Berliner Weinbundes entsprechend wurden die Schätze vor allem im europäischen Kernland vermutet (Griechenland, Spanien, Portugal, Frankreich, Italien und Deutschland) und nicht in der neuen Welt oder Österreich.

Den Gedanken, mich einfach einzuschließen und der Welt die Möglichkeit einer alternativen Menschheitsgeschichte zu geben, bekam ich übrigens bei der Verkostung dreier, teurer Rotweine:

> Beaune-Clos-du-Roi Premier Cru, 2008, Domaine Tollot Beaut, Bourgogne, 41 Euro

> Aurus, 1997, Finca Allende, Rioja, 145 Euro für die Magnumflasche

> N’Anticchia, 2010, Tenuta Aglaea, Etna, 38 Euro

Ich kann nicht wirklich malen, aber diese drei müssten ins Bild.