Die Suche nach Banh Mi

Seit in diesem Sommer meine vietnamerikanische Freundin und Kochbuchautorin Andrea Nguyen ihr »Banh Mi Handbook« veröffentlichte, habe ich ein neues Hobby: Vietnamesische Sandwiches, die, leicht und überaus abwechslungsreich kombinierbar, mein tägliches Lunch verschönern. Knuspriges Brot, selbstgemachte Mayonnaise und Pickles (vorzugsweise die schwer zu beschaffenden grünen Tomaten mit Zitronengras), Protein in Form des von mir sehr geschätztem chinesischen BBQ-Pork, pikant gewürzten Hackbällchen oder Curry-Tofu sowie allerlei frisches Grünzeug inklusive dem unverzichtbaren Koriander – das alles formiert sich zu einem der jeweiligen Tageslaune angepassten Geschmackserlebnis.

Nun führen die Widrigkeiten des Lebens gelegentlich dazu, dass mir zur Mittagszeit mein gut gefüllter Kühlschrank nicht zur Verfügung steht und ich mich unseren unzivilisierten Ahnen gleich in den Straßen Berlins auf die Jagd nach einem adäquaten Ersatz machen muss. Man sollte annehmen, dass sich in Berlin, wo zur Zeit die asiatische und insbesondere die vietnamesische Küche boomt, an jeder Ecke ein Verkaufsstand mit einem umfangreichen Repertoire an den für ein angemessenes Banh Mi notwendigen Spezereien finden ließe. Weit gefehlt! Neben der traditionellen Curry-Wurst und der belegten Schrippe, Döner in all seinen Varianten und dem neuerdings wiederbelebten Burger scheint kein Platz für dieses attraktive Street-Food zu sein.

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Um so erfreuter war ich also, vor einigen Tagen ausgerechnet im U-Bahn-Hof Wittenbergplatz auf einen Banh Mi-Stand zu stoßen. Das äußere Erscheinungsbild war allenfalls durchschnittlich, dafür aber bunt und stark beleuchtet, einigermaßen vielversprechend war jedoch eine große Tafel, auf der die Besonderheiten eines Banh Mi detailliert erklärt wurden. Etwas skeptisch, dafür aber hungergeplagt und abenteuerlustig aufgelegt, entschied ich mich, ein Sandwich zu probieren, ein klassisches mit gegrilltem Schweinefleisch. Das Ergebnis? Nun ja, das Sandwich, das ausgedehnte Zubereitungszeit erfordert hatte, sah zwar verglichen mit meinem persönlichen Idealbild und dem auf der Erläuterungstafel etwas reduziert aus, war aber durchaus schmackhaft: die Baguette frisch getoastet, das Fleisch saftig und gut gewürzt, die eingelegten Gemüse ebenso, der Koriander und die Gurkenscheiben erfrischend wenn auch etwas knapp bemessen, nur mit der großzügig aufgebrachten süßen Chilisauce ging ich nicht ganz konform. Bleibt die Frage zu klären, ob ich es noch einmal bestellen würde? Vermutlich ja, wenn Hunger und ein leerer Kühlschrank mich dazu zwingen. Auf jeden Fall scheint es durchaus Marktlücken im übersättigten Imbiss-Bereich zu geben, und das in einer an internationalem Fast-Food doch relativ gut ausgestatteten Stadt wie Berlin. Wie auch immer, mein Appetit und Entdeckergeist sind geweckt und ich werde meine Suche nach dem leckeren Banh Mi fortsetzen, vielleicht aber weniger zufallsgesteuert.

von  Petra Gördüren

Allen Freunden des DIY-Banh Mi empfehle ich:

Andrea Nguyen, The Banh Mi Handbook. Recipes for Crazy-Delicious Vietnamese Sandwiches, Berkeley: Ten Speed Press 2014