Die besten chinesischen Restaurants in Berlin

Ein Jahr lang hat Matthias Meyer chinesische Restaurants in Berlin getestet. Immer auf der Suche nach dem besten chinesischen Restaurant aß er Lotuswurzel, betrunkenes Huhn und Schweinedarm. Er entdeckte eine geheime und wunderbare Welt, die sich in Hotellobbies, alten Wäschereien und hinter chinesischen Menüs versteckte. Ohne je in China gewesen zu sein, begann er zu träumen – von der unvergleichlichen Vielfalt der chinesischen Regionalküchen, vom Chili und Sichuanpfeffer aus Hunan und Sichuan, von Löwenköpfen aus Hangzhou, Xiao Long Bao aus Shanghai, Nudeln aus Lanzhou, Enten aus Nanjing, von Dim Sum aus Guandong, den Eintöpfen des Nordostens und den Lammgerichten des muslimischen Westens. In einer zehnteiligen Serie lässt Matthias Meyer nun seine kulinarische Rundreise durch China in Berlin Revue passieren. Er erzählt von den Essen und Menschen, die er auf seiner Reise kennenlernte und verrät, welche Restaurants man unbedingt entdecken sollte.

 

Revolutionäre Chilis – Hunan-Küche im Jing Yang

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Jing Yang ***

Hunan-Küche

Empfehlungen: Dong’an-Hühnchen, Schweinefleisch mit Paprika und Chili, gedämpftes, herzhaftes Schweinefleisch mit eingelegtem Gemüse, Fischkopf mit Chili

Albrechtstr. 125, Steglitz

Tel. 030 79255763

Mo-So 12-22 Uhr

Der in der chiliverrückten Hunanprovinz geborene Mao Zedong machte Chilis zum Mittel der Politik: „Je mehr Chilis man essen kann, desto mehr ist man Revolutionär. Wer keine Chilis isst, dessen revolutionärer Geist ist nicht stark genug.“ Revolutionäre beweisen ihre Stärke am Küchentisch, in der Auseinandersetzung mit scharfen Chilischoten trennen sich Revolutionäre von Reaktionären. Revolutionäre lieben Hunan-Küche. „Das Grundnahrungsmittel der Revolution ist Chili – wer keine Chilis essen kann, der taugt nicht zum Kampf.“

Xiaoying Lin kommt auch aus Hunan, hat aber gerade andere Interessen als Mao: Ob ich in einer Beziehung sei, fragt die freundliche Inhaberin des Jing Yang China Imbiss. Während sie Namen auf ein kleines Zettelchen schreibt, erzählt sie, dass sie zwei sehr hübsche, sehr kluge und sehr fleißige Studentinnen kennen würde, die auch gerne heiraten wollten. Ob sie den Kontakt herstellen dürfe?

Sie selbst hatte ihren deutschen Mann im Supermarkt kennengelernt. Er hatte verstanden, dass der Weg ins Herz chinesischer Frauen über das gemeinsame Essen geht. Nach zahllosen Gesprächen über die chinesischen Regionalküchen und wiederholten Einladungen zum Teetrinken landeten die beiden vorm Traualtar. Essen verbindet „wie die Zuckerfäden karamellisierter Süßkartoffeln.“

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Im kleinen Jing Yang kann man beides, sich als Revolutionär beweisen als auch beim gemeinsamen Essen verbinden. Zusammen mit dem Asia Deli im Wedding (Review von Mary Scherpe auf stilinberlin.de) und dem nagelneuen Yami Yami am Bayerischen Platz (Review folgt in Kürze) bildet das Jing Yang die Hunanfraktion in Berlin. Die Hunanprovinz liegt im südlichen Zentrum Chinas und stellt die schärfste aller chinesischen Regionalküchen dar. Die Hunan-Küche ist so etwas wie der kleine Bruder im Schatten der weltbekannten Sichuanküche. Statt nach dem betäubenden Geschmack des Sichuanpfeffers schreit der Kleine nach Chili, ganz viel Chili.

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Nachdem das Jing Yang vor zwei Monaten den Besitzer wechselte, wurde das kleine Lokal komplett renoviert. Neugierig, ob es auch eine kulinarische Neuausrichtung geben würde, war ich in der letzten Woche zur Eröffnung da.

Im Vergleich zu der kargen Ausstattung von früher ist das neue Jing Yang chic und modern eingerichtet. Es gibt eine neue Karte, die Preise sind um einen Euro gestiegen, aber ansonsten hat sich nicht viel verändert. Die Köche sind die gleichen, die Speisekarte wurde leicht überarbeitet, ein, zwei neue Gerichte ergänzt und ein, zwei alte weggelassen.

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Wir bestellten Jasmintee, Gurkensalat und in 5 Gewürzen eingelegtes Rindfleisch als Vorspeisen. Dazu gab es Hühnermägen und eingelegten Rettich als Gruß aus der Küche. Als warme Gerichte bestellten wir Feuertopf mit Lammfleisch und Chili, Schweinebauch nach Bauernart mit Chili und Aubergine mit Salzeigelb. Zum Abschluss gab es frische Wassermelone.

Fazit: Das Jing Yang gehört zum Typus der kleinen, versteckten Chinabistros, wo man zu günstigen Preisen fast authentisches und gutes chinesisches Essen bekommt. Zwar alles etwas einfach, dafür aber in guter Gesellschaft chinesischer Studenten.

*Anmerkung zu den Bewertungen: Alle hier vorgestellten Restaurants sind besondere Empfehlungen. Insgesamt wurden mehr als 30 chinesische Restaurants in Berlin getestet. Besuchte und nicht empfohlene Restaurants werden in dem Guide nicht besprochen. Um Vergleiche zwischen den hier vorgestellten Restaurants zu ermöglichen und um insgesamt bei der Orientierung zu helfen, wurde eine Bewertungsskala von 1-5 Sternen genutzt. Alle hier aufgeführten Restaurants wurden mindestens zwei Mal getestet. Bei den Bewertungen standen Lokale im Fokus, die den Anspruch haben, original-chinesische Spezialitäten anzubieten. Restaurants, die sich auf Buffets konzentrieren, habe ich in die Auswertung nicht mit einbezogen. Bei der Bewertung stand die Zubereitung, die Spezialisierung auf originale und besondere Gerichte und die Qualität der Zutaten im Vordergrund. Auch der Service spielte dabei eine Rolle. Das Ambiente war für mich bei den Bewertungen nachrangig.

Ich verstehe die Liste als eine Art Wegweiser durch die chinesische Küche in Berlin und freue mich auf Empfehlungen, Ergänzungen und Kommentare!